Der CDU-Stadtverband Steinheim ist gegen die Bewerbung für einen Nationalpark in der Egge. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile kommt der Stadtverbandsvorstand zu dem Schluss, dass ein Nationalpark in der Egge keine wesentlichen Vorteile bietet, dafür jedoch mit zahlreichen Risiken behaftet ist.
So sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Gebietskulisse in der Egge mit Ihrer langgestreckten und schmalen Form für einen Nationalpark, welcher nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst frei von menschlichem Einfluss sein soll, an sich bereits nicht ideal für einen Nationalpark geeignet sei. Hinzu komme die starke Zerstückelung des Gebietes mit privaten Flächen, die bei Einrichtung eines Nationalparks erst noch teuer von den Eigentümern erworben werden müssten.
Das Argument der Befürworter, dass ein Nationalpark einen beachtlichen Mehrgewinn für die Natur und Schutz für bedrohte Arten in der Egge bieten würde, lässt der Stadtverband ebenfalls nicht gelten. „Die Egge steht bereits heute zu einem großen Teil unter Naturschutz. Seit 1965 ist das Gebiet der Egge als Naturpark ausgewiesen. Für die freie Entwicklung der Natur und den Schutz von bedrohten Arten wird in diesem Gebiet bereits jetzt alles Menschenmögliche unternommen. Andernfalls hätten wir heute ja überhaupt nicht den Artenreichtum in der Egge, den es jetzt dort gibt und der nach Auffassung der Nationalparkbefürworter nur in einem Nationalpark geschützt werden kann. Die Einstufung als Nationalpark kann für den Artenschutz nicht viel mehr als den Status quo erreichen.“ So der Stadtverbandsvorstand. Ganz im Gegenteil würde die Einstufung als Nationalpark den Schutz des Waldes vor dem Klimawandel und den damit einhergehenden Problemen aber unnötig erschweren. Hier müsse man die Bedenken der Forstwirte ernstnehmen, die in den vergangenen Jahren viele Anstrengungen unternommen haben, um durch Neuanpflanzungen in der Egge einen klimaresilienten Mischwald heranzuziehen. Diese Neuanpflanzungen müssten jedoch in einem Nationalpark wieder entfernt werden, da es sich nicht um einheimische Baumarten handelt. Gleichzeitig sind die in der Egge derzeit heimischen Baumarten aber anfällig für die, mit dem Klimawandel zunehmende Trockenheit. Im schlimmsten Fall würde man im Nationalpark also Bäume anpflanzen, die in 50 oder 100 Jahren hier gar nicht mehr wachsen können. Inwiefern das die Natur schützen soll, kann sich dem Vorstand nicht erschließen.
Im Übrigen sei die Egge seit Jahrhunderten durch die Nutzung des Menschen mitgeprägt. Viele der Waldflächen seien im eigentlichen Sinne kein Urwald sondern Kulturgebiet. Eine Ausweisung als Nationalpark könne das nicht in absehbarer Zeit zurückdrehen, bzw. würde das Bild der Egge, wie sie heute existiert, massiv verändern. Überhaupt werden im Falle eines Nationalparks in der Egge auf unabsehbare Zeit weiterhin menschliche Regulationseingriffe notwendig sein. Wie lange es tatsächlich dauert, bis die Natur sich selbst reguliert und ein menschliches Eingreifen nicht mehr notwendig ist, zeigt sich am Beispiel des ältesten Nationalparks in Deutschland, dem Bayrischen Wald. Hier ist es bis heute notwendig, dass vom Menschen eingegriffen werden muss, um z.B. invasive Arten zu bekämpfen, die sich andernfalls dort ungehindert durchsetzen und die heimischen Arten verdrängen würden. Selbstregulierung heiße in der Natur im Zweifelsfall eben das Überleben des Stärkeren, ob sich die Artenvielfalt in der Egge ohne menschlichen Eingriff daher im positiven Sinne entwickeln würde ist nach Auffassung des Stadtverbandes zweifelhaft.
Man dürfe daher bei der Diskussion um den Nationalpark daher nicht vergessen, dass man im jetzigen Naturpark eben bereits einen sehr guten Kompromiss zwischen wirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz habe. Ein Nationalpark könne hier nicht viel mehr erreichen als den Status quo, kostet jedoch jedes Jahr rund 10 Mio € Steuergeld, während die jetzigen Kosten für den Naturschutz zum Teil über die forstwirtschaftliche Nutzung kompensiert werden können. „Zudem können wir im Naturpark über die beteiligten Kreise selber entscheiden was wir umsetzen wollen oder auch nicht; bei einem Nationalpark werden die Entscheidungen dann jedoch nur noch in Düsseldorf getroffen, sodass man als Region ein gutes Stück Mitspracherecht bei der Gestaltung verliert.“
Im Übrigen dürfe man auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft in den betroffenen Regionen nicht außenvor lassen. Positive Entwicklungen für die Wirtschaft erwartet der Vorstand durch ein mögliches Nationalparklabel dabei nicht. "Ganz im Gegenteil", so der Vorsitzende Jan Franzke, "die Einrichtung eines Nationalparks in der Egge würde der vor Ort in Steinheim starken Holzindustrie massiv schaden. Derzeit werden mitunter noch über 30 % des in der Industrie benötigten Holzrohstoffes nachhaltig aus der Egge gewonnen. Fällt diese Holzquelle weg, muss das fehlende Holz von anderswo angeliefert werden. Das bedeutet längere Lieferwege, eine größere Abhängigkeit vom Ausland und ist im Sinne des Klimaschutzes natürlich auch unsinnig. Holz als Rohstoff gewinnt beim nachhaltigen Bauen immer mehr an Bedeutung. Jetzt absichtlich eine nachhaltig und naturnah bewirtschaftete Waldfläche komplett stillzulegen, um im Anschluss notgedrungen Holz aus dem Ausland zu kaufen, wo eine nachhaltige Waldbewirtschaftung häufig nicht gegeben ist und im schlimmsten Fall noch vorhandene Urwälder gerodet werden, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Die Nachfrage nach der Ressource Holz nimmt international ja nicht ab, wenn wir hier heile Welt spielen und einen Nationalpark einrichten.", so Franzke "Das Holz kommt dann halt aus anderen Quellen, deren nachhaltige Bewirtschaftung wohl in den meisten Fällen mehr als zweifelhaft sein dürfte. Am Ende des Tages zahlen wir dann einen höheren Preis für Holz, dessen Gewinnung wesentlich klimaschädlicher erfolgt, als es bei uns der Fall ist. Kommt der Nationalpark in die Egge nehmen wir in der Folge bewusst in Kauf, dass viele kleine und mittelständische Unternehmen in der Holz- und Forstwirtschaft ihre Lebensgrundlage verlieren werden. Nicht umsonst hat sich die IHK Ostwestfalen eindeutig gegen die Einrichtung eines Nationalparks in der Egge ausgesprochen. Neben der Holzindustrie befürchtet die IHK Ostwestfalen nämlich auch für alle anderen Wirtschaftszweige, mit Ausnahme der Tourismusbranche, Einbußen, welche durch Sekundäreffekte bei der Einrichtung eines Nationalparks entstehen. Hierbei ist insbesondere die Befürchtung zu nennen, dass durch die Ausweisung eines Nationalparks in der Region andere Infrastrukturprojekte, die für die wirtschaftliche Entwicklung notwendig sind, vernachlässigt werden, da der Fokus bei Investitionen im Zweifelsfall auf dem Nationalpark liegen wird.“ Eine Kompensation dieser negativen Wirtschaftsfolgen durch ein Plus bei der Entwicklung des Tourismus hält der Stadtverband für utopisch. „Ganz abgesehen davon, dass wir bereits heute im bestehenden Naturpark einen großen Zustrom an Touristen haben, daher fraglich ist wie viel mehr Menschen nun tatsächlich nur aufgrund des Nationalparklabels kommen würden, ist das Hauptproblem der Tourismusbranche vor Ort nicht die mangelnde Nachfrage oder Attraktivität der Region, sondern die Tatsache, dass immer weniger Menschen in dieser Branche arbeiten möchten. Viele Gastronomen haben in den vergangenen Jahren aufgehört, weil sie keinen Nachfolger gefunden haben und nicht, weil sich das Geschäft nicht rentiert hätte. Woher dann also die notwendigen Fachkräfte für ein Wachstum der Branche kommen sollen ist uns ein Rätsel, das die Befürworter nicht beantworten können.“
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